Herzlich Willkommen zu unserem Citizen Science Projekt Vienna City Fly 2024. Da Taufliegen der Art Drosophila melanogaster weltweit vorkommen, sind sie ideal geeignet, um die genetische Grundlage von Umweltanpassungen zu studieren. Besonders urbane Lebensräume sind stark vom Klimawandel betroffen. Es ist allerdings noch nicht bekannt, wie sich dies auf Taufliegen auswirkt. Die vielfältigen Lebensräumen der Stadt Wien eignen sich besonders gut für eine umfassende Analyse der genetische Vielfalt von tierischen Kulturfolgern in urbanen Lebensräumen. Nur mit Hilfe von Citizen Scientists können wir genug Taufliegen aus den verschiedenen Regionen von Wien sammeln, was uns dabei helfen wird, den Einfluss von typisch urbanen Umweltfaktoren wie Bodenversiegelung, Luftverschmutzung und Hitzeinseln auf das Leben und Überleben von Taufliegen in Stadtgebieten besser zu vestehen.

Wie baue ich eine Falle?

Hier findet Ihr Infos zum Bau von Drosophila Fallen.

Worum geht es genau?

Die Taufliege Drosophila melanogaster

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Bei Vienna City Fly dreht sich alles um die Taufliege Drosophila melanogaster. Jeder kennt sie als mehr oder weniger lästigen Gast in der Küche, am Obstkorb oder am Weinglas. Weit weniger bekannt ist, dass Drosophila melanogaster genau wie wir Menschen ursprünglich aus dem tropischen Afrika stammt und sich als Kulturfolger auf allen Kontinenten außer in der Antarktis ausgebreitet hat.

Auch wenn es weltweit mehr als 1,500 Arten von Taufliegen der Gattung Drosophila gibt, von denen ca. 30 in Österreich vorkommen, ist in unseren Küchen Drosophila melanogaster bei weitem am häufigsten anzutreffen. Taufliegen ernähren sich hauptsächlich von Hefepilzen, die auf überreifem Obst und Gemüse wachsen. Aus diesem Grund werden sie auch geradezu magisch von Essig- und Obstgeruch angezogen, welchen sie über weite Distanzen riechen können. Obwohl die Generationszeit von Taufliegen sehr kurz ist und unter optimalen Bedingungen nur etwa eine Woche dauert, stammt der Großteil der Fliegen in Deiner Küche daher vermutlich nicht aus dem Biomüll, sondern kommt - vom Obstkorb angelockt - von außerhalb in die Küche.

Anpassung an neue Lebensräume

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Da Taufliegen von den Tropen bis in höhere Breiten vorkommen, müssen die unterschiedlichen Populationen an ganz verschiedene Umweltbedingungen angepasst sein. So entwickelten Fliegen in gemäßigten Regionen, z.B., die Fähigkeit, die kalte Jahreszeit in Winterruhe zu überdauern.

Durch genetische Analysen des Erbguts lassen sich durch den Vergleich von Fliegen von unterschiedlichen klimatischen Regionen Informationen über Gene gewinnen, die bei der Anpassung und evolutionärer Veränderung eine wichtige Rolle spielen. Ein Vorteil für diese Forschung ist die lange Geschichte von Drosophila als genetischer Modellorganismus. Taufliegen werden bereits seit mehr als 100 Jahre studiert. Von kaum einer anderen Art weiß man so genau, welche Gene welches Merkmal beeinflussen.

Urbane Lebensräume und genetische Vielfalt

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Städte sind aufgrund von Bodenversiegelung, Luftverschmutzung und Hitzeinseln durch fehlende Grünflächen besonders extreme Lebensräume. In Zeiten des globalen Klimawandels werden diese Extreme sogar noch zunehmen. Es ist allerdings noch völlig unklar, wie sich dies auf die Bewohner dieser menschgemachten Ökosysteme auswirkt.

Aus diesem Grund wollen wir am Beispiel von Drosophila melanogaster untersuchen, wie das Klima in Stadtgebieten die genetische Vielfalt ihrer tierischen Bewohner beeinflusst. Wir wollen herausfinden, ob, und wie die Fliegen im urbanen Gebiet miteinander verwandt sind, was uns erlaubt, Rückschlüsse zu ziehen, ob Fliegen nahe ihren möglichen Brutplätzen, wie Biotonnen, Marktgebieten oder Obstanbaugebieten bleiben, oder sich weiter ausbreiten. Außerdem möchten wir herausfinden, ob extreme Lebensräume, wie Stadtgebiete mit einem hohen Versiegelungsgrad, einen Einfluss auf die genetische Vielfalt haben. Diese Analysen werden uns ermöglichen, besser zu verstehen, wie weitverbreitete Kulturfolger auf die rapide Veränderung der Umwelt reagieren, und ob sich diese an solche Veränderungen anpassen können.

FAIRiCUBE

Unser Projekt ist Teil eines europaweitem kollaborativen Netzwerks namens “FAIRiCUBE”, welches durch das “Horizon Europe”-Programm der Europäischen Union gefördert wird. FAIRiCUBE hat das Ziel, Expert*innen aus unterschiedlichen Forschungsberichten zusammenzubringen, um gemeinsam Methoden zu entwickeln, welche die Nutzung von Erdbeobachtungsdaten für Nicht-Experten erleichtern. Das FAIRiCUBE Projekt zielt darauf ab, Herausforderungen wie die Integration verschiedener Datenquellen, die Verarbeitung von eigenen Daten, die Nutzung von „Machine Learning“ und die transparente Dokumentation von Ergebnissen zu vereinfachen. Besonders unsere Zusammenarbeit mit den Expert*innen von EOX und space4environment, mit denen wir im Zuge des FAIRiCUBE Projekts eng kollaborieren, wird uns helfen, hochauflösende Klima- und Umweltdaten von Wien für unsere statistischen Analysen zu verarbeiten.

Wie kann ich mithelfen?

Citizen Scientists

Eine besondere Herausforderung für dieses Projekt ist es, genügend Fliegen von möglichst vielen unterschiedlichen Standorten in Wien zu sammeln. Wien ist besonders vielfältig an unterschiedlichen Lebensräumen und stellt damit ein optimales Untersuchungsgebiet dar. Wir fokussieren uns auf Fliegen in Haushalten. Durch Deine Mithilfe kannst auch Du zum Citizen Scientist werden. Dafür sollten im Zeitraum von Mai bis Oktober 2024 Taufliegen in der Wohnung (z. B. in der Küche) gesammelt werden. Diese werden dann von uns genetisch analysiert. Über einen Zeitraum von einer Woche werden Fallen neben dem Obstkorb aufgestellt und, sobald mindesten 40 Fliegen in der Falle sind, können wir diese in unsere Analyse inkludieren. Wir sind aber auch sehr dankbar für Informationen, an welchem Zeitpunkt Fliegen in der Küche beobachtet wurden, oder auch wann keine Fliegen vorhanden waren. Dies gibt uns einen Überblick, zu welchem Zeitpunkt die Umweltbedingungen an bestimmten Orten für die Fliegen vorteilhaft oder eher lebensfeindlich sind. Um an diesem Projekt mitzuwirken, bitten wir die Teilnahme hier oder durch Scan des QR Codes zu bestätigen.

Was werden wir analysieren?

DNA Analysen

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Nachdem wir die DNA aus allen gefangenen Fliegen isoliert haben, können wir mit Hilfe moderner DNA-Sequenzier-Methoden das gesamte Erbgut, welches aus 180 Millionen einzelnen Nukleinbasen - also den Bausteinen der DNA - besteht, erforschen. Wir fokussieren uns auf Unterschiede in der Abfolge der Nukleinbasen, sogenannten Mutationen oder Allelen, die uns Auskunft über den Verwandtschaftsgrad verschiedener Fliegenpopulationen geben können. Wir wollen beispielsweise testen, ob die Donau eine Barriere für Wanderbewegungen darstellt und sich Fliegen auf beiden Seiten des Stromes unterscheiden.

Außerdem können Mutationen in Genen, welche das Verhalten oder das Aussehen verändern, einen Einfluss darauf haben, wie die Tiere, die diese Mutation tragen, mit unterschiedlichen Umweltbedingungen zurechtkommen. Ist der Effekt vorteilhaft, dann kann sich die Mutation durch Selektion in einer Population ausbreiten. Wir wollen das indirekt überprüfen: Dazu testen wir für jede Mutation mit Hilfe von statistischen Methoden, ob deren Häufigkeit in unterschiedlichen Haushalten in Wien mit Umweltfaktoren wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Grünflächenanteil oder ähnlichem zusammenhängt.

Am Ende des Projekts werden wir unsere Ergebnisse allen interessierten Citizen Scientists bei einem Workshop im Museum vorstellen. Solltet Ihr weiter Fragen habe, freuen wir uns jederzeit über eine eMail an ViennaCityFly.

Vielen Dank,

Martin Kapun & Sonja Steindl